Seit letztem Jahr bin ich stolzer Besitzer eines Velomobiles und fahre damit regelmäßig zur Arbeit (einfache Strecke 30km). Für mich ist es eine großartige Alternative zum Auto und zudem hält es etwas fit, braucht wenig Platz und kostet in der Anschaffung und im Unterhalt wesentlich weniger.
Für diesen Sommer hatte ich einen kleinen Roadtrip geplant und nun habe ich ein bisschen Zeit und möchte die Idee umsetzen.Eine Route habe ich schnell zusammengestellt und will direkt nach meiner Arbeit los starten.
Tag 1 – Dienstag 16.07.2024
Gera – Klingenthal – Sokolov – Becov nad Teplou – Bochov
Km: 171 // Verbrauch: 3,465 KWh
Mein Auftakt geht zunächst über Greiz nach Treuen im Vogtland. Hier mache ich zugleich Mittagspause und nutze die Zeit zum Laden der Akkus. Danach geht es vorbei an der Talsperre Muldenberg in die Musikinstrumenten-Stadt Klingenthal. Hier lege ich ebenso wieder eine kurze Rast ein, schaue mir den Marktplatz an und schlendere durch die umliegenden Straßen.
Am späten Nachmittag verlasse ich Klingenthal und setze meine Reise über Kraslice fort. Dem Fluss Svatava folge ich bis nach Sokolov wo er in die Eger mündet. In der ehemaligen Bergbaustadt muss ich noch Besorgungen für den Abend erledigen. Danach geht es dann einmal quer durch den Kaiserwald und bis zu meinem Tagesziel Bochov. Die Straßen sind hier teils sehr schlecht, aber dafür ist wenig Verkehr und ich kann zur Not auch Mal ein bisschen langsamer fahren. An den teils starken Steigungen kommt der Nabenmotor ganz schön ins schwitzen, aber trotz Campingausrüstung und Gepäck schafft er jeden Anstieg.
Auf den letzten Kilometer bis Bochov habe ich in der Abendsonne einen tollen Weitblick über die Landschaft. Auf der Höhe der Burg Hartenstein schlage ich mein Zelt auf und genieße noch die letzten Sonnenstrahlen für den Tag.
Tag 2 – Mittwoch 17.07.2024
Lubenec – Podborany – Zatec – Kadan – Oberwiesenthal – Rolava
Km: 157 // Verbrauch: 3,186 KWh
Nach einer ruhigen Nacht packe ich meine Sachen ins Velomobil und fahre zur Tankstelle nach Bochov. Nein, Benzin oder Diesel braucht mein Drahtesel nicht, aber hier gibt es eine Typ 2 Ladesäule und mit einem entsprechenden Adapter kann ich mein Ladegerät mit Schukostecker anschließen. Die Zeit nutze ich für einen heißen Kaffee und gehe nochmal zurück zur Burg Hartenstein. Von der Burgruine hat man einen beeindruckenden Blick über den umliegenden Kaiserwald, aber leider ist der Turm verschlossen.
Zurück an der Ladesäule ist der Akku wieder ausreichend voll und es geht weiter auf der Europastraße E48 nach Lubenec. Leider ist jetzt am Morgen viel Verkehr, aber immerhin gibt es einen breiten Standstreifen, sodass ich die LKWs vorbeifahren lassen kann.Ich fahre ohnehin nur etwa 15km bis Lubenec und verlasse dort die Fernstraße. Im Jahre 2008 bin ich die gleiche Route bis nach Prag gefahren und bin erstaunt wie weit die Straße seit dem zur Autobahn ausgebaut wurde. Die ursprüngliche E48 ist jedoch an vielen Stellen noch erhalten und verläuft weiterhin parallel.
Über Podborany fahre ich auf ländlichen Nebenstraßen bis nach Zatec, dem Zentrum des Saazer Hopfenanbaugebietes, welches weltberühmt ist und 2023 zum Unesco Weltkulturerbe ernannt wurde.Auch hier mache ich wieder einen Ladestopp und will in der Zwischenzeit die Altstadt erkunden. Über ein Seitentor gelange ich durch die Stadtmauer auf den sog. Ringplatz. Vorbei an der Dekanatskirche Mariä Himmelfahrt laufe ich hinunter bis zur Brauerei Zatec und ende schließlich auf der Suche nach einem Restaurant in einer kleinen Kantine.
Am frühen Nachmittag geht es dann für mich weiter der Eger folgend flussaufwärts. Meine nächste Station ist die Stadt Kadan, welche malerisch am Fluss liegt. Auch hier sticht wieder die markante Stadtmauer hervor, welche sehr gut erhalten ist. Einen kurzen Besuch statte ich der prunkvollen Kirche „Povýšení sv. Kříže“ ab und gerne hätte ich auch den Rathausturm bestiegen, aber er scheint an diesem Tag geschlossen zu sein.
Meine Reise setze ich dann über Klasterec nad Ohri fort und ab hier geht es steil bergauf ins Erzgebirge. Innerhalb von 10km geht es für meine rote Seifenkiste von 300 Höhenmeter auf über 800 Höhenmeter. Zu meiner Überraschung schafft mein Liegefahrrad den Anstieg problemlos und weder Motor noch Akku überhitzen. Von Medenec geht es dann auf dem Erzgebirgskamm nach Oberwiesenthal und am Abend radel ich dann noch die letzte Etappe bis Rolava, wo ich am Rande einer Wiese einen tollen Zeltplatz mit Aussicht finde.
Tag 3 – Donnerstag 18.07.2024
Kraslice – Klingenthal – Markneukirchen – Adorf – Oelsnitz – Plauen – Triebes
Km: 101 // Verbrauch: 1,545 KWh
Als ich am Morgen wach werde, bermerke ich erst wie ruhig es hier ist. Fernab von größeren Ortschaften, Städten, Straßen oder Bahnlinien hört man einfach überhaupt nichts. Auf meiner Fahrt vom Erzgebirgskamm ins Tal nach Kraslice geht es kontinuierlich bergab und nur selten kommt mir eine Auto entgegen. Die Straße ist anfangs noch sehr schlecht und mein Fahrwerk kommt schnell an seine Grenzen. Aber nach den ersten 10 Kilometern wird es besser und schließlich erreiche ich Kraslice und den Grenzübergang bei Klingenthal. Im Kreisverkehr geht es gleich links weiter nach Markneukirchen. Eigentlich wollte ich im Tal der Zwota auf kleinen Nebenstraßen fahren, aber verliere mich dann versehentlich auf der Bundesstraße 283. Zum Glück ist hier am Morgen aber noch nicht so viel Verkehr.
Markneukirchen gehört zum Zentrum des Musikinstrumentenbaues im Vogtland und bis heute finden sich hier unzählige kleine Werkstätten, aber auch große Firmen wie Buffet Crampon (Holz- und Blechblasinstrumente) oder Warwick (Bassgitarren). Mein Velomobil stecke ich auf dem Marktplatz an eine öffentliche Ladestation und nutze die Zeit für ein kleines Frühstück beim Bäcker und einen kurzen Rundgang durch die Stadt.Zurück an der Ladesäule beende ich wie gewohnt meinen Ladevorgang mit der Handyapp, aber leider löst sich die Verriegelung am Stecker nicht. Da auf der Ladesäule keine Notrufnummer steht, muss ich erstmal nach einer Hotline recherchieren. Nach etwa 10 Minuten werde ich fündig, rufe bei dem Techniker an und ohne Probleme wird mein Ladekabel entriegelt – nochmal Glück gehabt 🙂
Meine letzten Kilometer führen mich dann noch über Oelsnitz und Plauen, ehe ich am frühen Nachmittag wieder Zuhause in Triebes ankomme.
Fazit:
Ein Roadtrip mit einem Velomobil ist eine spannende Sache und eine schöne Art zu reisen. Bei mir kommt noch hinzu, dass es streng genommen kein Liegefahrrad mehr ist, sondern ein Kleinkraftrad mit 2,4 kW Motorleistung und 45 Kmh. Somit fühlt es sich manchmal mehr nach Motorradfahren, als nach Radfahren an. Besonders faszinierend fand ich aber auch die Erfahrung mit den Lademöglichkeiten und war erstaunt wie gut das Netz an Ladesäulen bereits ausgebaut ist und wie zuverlässig die Technik funktioniert. Defekte oder Probleme gab es weder in Deutschland noch in Tschechien.
Die Zeit für die Ladestopps habe ich zudem auch nicht störend empfunden, sondern konnte sie immer sinnvoll für Stadtbesichtigungen oder Einkäufe nutzen.Am Ende steht auch eine beeindruckende Bilanz von 429 Kilometern in drei Tagen. Demgegenüber steht ein Gesamtverbrauch von 8,196 kWh Energie. Wenn man bedenkt, dass ein Liter Benzin eine Energiedichte von 8,5 kWh hat, hätte ich umgerechnet für die gesamte Strecke nur 0,96l Benzin verbraucht! Ein Auto wäre mit der gleichen Energie nur etwas mehr als 15km gekommen.
Technische Daten zum Alleweder 6 DD 45
- Antriebsart Elektro Nabenmotor 2,4Kw
- 2x Akku à 1,2Kwh
- Gewicht Fahrzeug mit Akkus ca. 60kg
- Reifengröße 16 Zoll (entspricht Fahrrad 20 Zoll)
- Reifenbreite 2.00 Zoll
Ladetechnik
- Typ 2 auf Schukostecker (AliExpress)
- Ladegerät 600 Watt
- LadeApp Maingau Autostrom (Strompreis Deutschland: 59 Cent/ KwhStrompreis Tschechien: 69 Cent/ Kwh)
Daten zur Tour
- Strecke: 429km
- Verbrauch: 8,196 kWh (entspricht 0,96l Benzin)
- Ladestopps: 10 (Teilladungen i.d.R. 1-2 Stunden)